In einer Zeit, in der Gesundheit häufig in einzelne Fachgebiete aufgeteilt wird, bietet die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) einen faszinierenden, ganzheitlichen Ansatz: Körper und Psyche sind untrennbar miteinander verbunden. Besonders spannend wird dieser Blick, wenn es um die Verbindung von Darm und Emotionen geht. Du bekommst in diesem Blogbeitrag einen tiefgreifenden Einblick in die faszinierenden Zusammenhänge von Organen und deren zugehörigen Emotionen.
Die Verbindung von Körper und Geist in der TCM
Während in der westlichen Medizin oft zwischen physischen und psychischen Beschwerden unterschieden wird, ist dies in der TCM schlichtweg nicht vorgesehen. Körper und Seele sind dort ein dynamisches System. Emotionen können Organe beeinflussen – und umgekehrt.

In der TCM gibt es fünf Organsysteme, denen jeweils Emotionen zugeordnet werden:
- Lunge & Dickdarm: Trauer und Loslassen
- Leber & Gallenblase: Wut, Frust, Anspannung
- Milz & Magen: Grübeln und Überdenken
- Herz & Dünndarm: Freude (oder auch Überstimulation)
- Niere & Blase: Angst und Urvertrauen
Diese Zuordnung hilft dabei, Beschwerden auf einer tieferen Ebene zu verstehen – etwa, wenn Verstopfung mit ungelöster Trauer oder Blähungen mit übermäßigem Grübeln zusammenhängen.
Möchtest Du mehr erfahren über die Rolle der Organsysteme in der chinesischen Medizin? Dann empfehle ich Dir meinen Vortrag im Rahmen des Kongress „Darm und Emotionen“ der Medumio Akademie am Freitag, 23. Mai 2025. Bei dem Kongress findest Du noch viele weitere interessante Vorträge von Dozenten/Dozentinnen, die über die spannenden Zusammenhänge von Darm und Emotionen sprechen.
Diagnose mit Tiefgang
Um dem Zusammenhang von Organsystemen und Emotionen gerecht zu werden, ist die Anamnese in der TCM umfassend und geht weit über „Wo tut’s weh?“ hinaus. Wenn ein/e Patient/in über Verdauungsprobleme klagt, wird von einem erfahrenen TCM-Arzt/einer erfahrenen TCM-Ärztin bewusst nach emotionalen Themen gefragt: Gab es kürzlich eine Trennung? Einen Trauerfall? Eine stressige Phase im Job? Ein Thema, das Sie nicht loslässt?
Solche Fragen helfen, das energetische Ungleichgewicht besser zu erkennen. Denn ein gestörtes Organsystem zeigt sich oft durch eine emotionale Komponente und umgekehrt.
Die Behandlung erfolgt dabei auf mehreren Ebenen gleichzeitig:
- Emotionale Verarbeitung
- Stärkung des betroffenen Organsystems
- Ernährungsanpassung
- Akupunktur oder Akupressur
In der TCM gilt außerdem: Emotionen dürfen gefühlt, wahrgenommen und verstanden werden. Sie zu unterdrücken, würde Deinen Energiefluss blockieren – was auf Dauer krank machen kann. Deshalb ist ein achtsamer, liebevoller Umgang mit sich selbst Teil jeder guten Behandlung.
„Es ist kein Entweder-Oder – wir behandeln Organ und Emotion gleichzeitig, und genau dadurch entsteht echte Heilung.“
Ernährung als sanfte Medizin
Die Ernährung – als zentrales Element in der TCM – spielt eine ebenso große Rolle wie die Akupunktur. Die Philosophie, die dem zugrunde liegt: Nahrung ist wie eine sanft wirkende Medizin – vorausgesetzt, sie wird typgerecht, individuell und im Einklang mit den Jahreszeiten eingesetzt.

Ein paar grundlegende Empfehlungen:
- Warm frühstücken: Der Start in den Tag sollte das Verdauungssystem stärken – idealerweise mit warmem Porridge, Suppe oder Couscous.
- Kühlende Lebensmittel bei innerer Hitze: Rucola, Chicorée, grüner Tee oder Rosenkohl helfen, angestaute Emotionen wie Ärger zu beruhigen.
- Yin-stärkende Kost bei Trockenheit oder Verstopfung: Beispielsweise wasserhaltige Lebensmittel wie Gurken, gekochte Äpfel oder auch weich gegarte Suppen.
Wichtig: Nicht jedes „gesunde“ Lebensmittel ist für jeden gut. Smoothies oder Rohkost zum Beispiel sind kalt in ihrer thermischen Wirkung – und können bei vielen Menschen mit empfindlichem Magen-Darm-Trakt mehr schaden als nützen.
Was ist „Yin“ – und warum ist es so wichtig?
Yin steht in der TCM für das „Nährende, Kühlende, Substanzielle“. Besonders Menschen mit Symptomen wie:
- trockener Haut
- innerer Unruhe
- Verstopfung
- Schlafstörungen
profitieren von Yin-stärkender Ernährung – besonders am Abend, wenn der Körper ohnehin in einer Yin-dominierten Phase (Rückzug, Regeneration), empfiehlt die TCM Dir besonders leicht und nährend zu essen z.B. eine Miso-Suppe, gekochtes Gemüse mit Reis, oder gedünstete Äpfel mit Zimt. Du solltest kalte Salate oder Rohkost meiden, da das die Verdauung zusätzlich schwächt. Am besten solltest Du zwei bis drei Stunden vor dem Schlafen essen.
Besonders für Menschen mit viel Stress, emotionaler Belastung oder hohem Energieverbrauch (z. B. durch langes Grübeln oder körperliche Aktivität) kann eine Yin-stärkenden Ernährung hilfreich sein.
Aber Yin wird nicht nur durch die Ernährung gestärkt: Auch langsames Atmen, Achtsamkeit, Meditation, Schlaf und Pausen nähren das Yin. Alles, was Ruhe, Feuchtigkeit, Tiefe und inneren Rückzug fördert, ist „Yin-nährend“.
Akupressur bei Ungleichgewicht von Darm und Emotionen
Ein großer Vorteil der TCM ist, dass sich viele Techniken auch zu Hause anwenden lassen – wie z.B. Akupressur. Wenn Du also beim Thema Darm und Emotionen von einem Ungleichgewicht betroffen bist, dann sind diese drei Punkte hilfreich für Dich:
- Perikard 6 (Nei Guan): liegt drei Finger unterhalb des Handgelenks und hilft Dir zur Linderung von Übelkeit und innerem Unwohlsein.
- Ren 12: befindet sich in der Mitte zwischen Brustbein und Bauchnabel, stärkt das System Magen-Milz und fördert die Verdauung.
- Ren 6: findest Du zwei Finger unter dem Bauchnabel und ist hilfreich bei Verstopfung, allgemeiner Schwäche und Energiemangel.
Wer es noch intensiver mag, kann zur Moxibustion greifen. Das ist eine Wärmebehandlung, die mit Beifußzigarren Wärme gezielt an Akupunkturpunkten einsetzt und das Qi stärkt.

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Akupunktur – fein, effektiv und nicht schmerzhaft
Die Akupunktur als die ist vielleicht bekannteste Technik aus der Traditionellen Chinesischen Medizin wird als kraftvoll, aber nicht schmerzhaft beschrieben: „Man spürt, dass sich etwas tut – und genau das soll auch sein.“
Gerade bei emotionalen Blockaden oder chronischen Magen-Darm-Beschwerden kann die Akupunktur helfen, energetische Stagnationen zu lösen. Alternativ kann man auch Akupressur anwenden oder mit Wärme über Moxibustion arbeiten, um der Verbindung von Darm und Emotionen gleichermaßen und ganzheitlich gerecht zu werden.
Wie Dich die TCM bei einem Reizdarmsyndrom unterstützen kann, welche Akupressurpunkte Deine Beschwerden lindern kann und was Du von einem Arzt/einer Ärztin abklären lassen solltest im Zusammenhang mit chronischen Darmerkrankungen, erfährst du in Podcastfolge 29 von „Die TCM-Docs“.
Der moderne Blick auf die Darm-Hirn-Achse
Auch wenn die TCM vor 3000 Jahren keine Mikrobiom-Analysen kannte, so hat sie doch auf ihre eigene Weise die Verbindung von Darm und Emotionen erkannt – und behandelt sie.
Neue wissenschaftliche Studien können heute belegen, was die TCM schon lange annimmt: Der Darm und das Gehirn sind eng miteinander verbunden. Diese Verbindung wird heute als Darm-Hirn-Achse bezeichnet.
Die Darm-Hirn-Achse beschreibt den Kommunikationsweg zwischen dem zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) und dem enterischen Nervensystem (Darmnervensystem). Diese Verbindung funktioniert über Nervenbahnen, Hormone und Immunbotenstoffe – allen voran über den Vagusnerv, der wie eine Datenautobahn zwischen Kopf und Bauch fungiert. Der Darm und die Emotionen sind also in beide Richtungen eng miteinander verbunden.
Was bedeutet das konkret?
- Stress, Angst oder Traurigkeit können Verdauungsprobleme wie Reizdarm, Verstopfung oder Durchfall verstärken.
- Umgekehrt kann ein ungleichgewichtiger Darm, z. B. durch eine gestörte Darmflora, die Stimmung, Konzentration und sogar das Schlafverhalten beeinflussen.
- Rund 90 % des „Glückshormons“ Serotonin wird übrigens im Darm produziert – nicht im Gehirn!
Wer also etwas für sein emotionales Gleichgewicht tun möchte, darf ruhig auch beim Thema Darmgesundheit ansetzen – sei es über Ernährung, Stressreduktion, TCM-Therapien oder Lebensstiländerungen. Denn: Ein gesunder Darm nährt auch einen klaren Kopf.
Fazit: TCM für Darm und Emotionen – ein starkes Duo
Die TCM bietet Dir eine sanfte, aber tiefgreifende Möglichkeit, emotionale und körperliche Beschwerden ganzheitlich zu behandeln. Wer sich auf diesen Weg begibt, entdeckt nicht nur neue Zusammenhänge, sondern lernt, seinen Körper besser zu verstehen.
Und das Beste: Man muss nicht gleich das ganze Leben umkrempeln. Ein warmes Frühstück, bewusster Umgang mit Stress und ein offenes Herz für neue Erfahrungen können bereits große Veränderungen bringen. Wenn Du noch tiefer in das Thema Emotionen aus Sicht der TCM erfahren möchtest, dann höre die die Folgen 41 und 42 des Podcasts die „TCM-Docs“ an. Wir geben einen Überblick über die verschiedenen Emotionen und sprechen darüber, welche uns schaden können und wie Dich die TCM dabei unterstützen kann Deine Emotionen zu regulieren.
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