In der heutigen westlichen Welt ist Sport für viele Menschen ein fester Bestandteil eines gesunden Lebensstils. Ob Joggen, Krafttraining, Yoga oder Radfahren – körperliche Aktivität gilt als zentraler Faktor für Fitness, Ausdauer und allgemeines Wohlbefinden. Doch was sagt die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) zum Thema Bewegung? Welche Formen der körperlichen Aktivität sind im Einklang mit der chinesischen Philosophie, und worauf kannst Du achten, um Körper und Geist im Gleichgewicht zu halten?
In diesem Beitrag erfährst Du, welche Rolle Bewegung in der TCM spielt, welche Sportarten besonders geeignet sind und wie Du durch gezielte Aktivität dein Qi, also deine Lebensenergie, in Fluss bringen kannst.
Bewegung als Teil ganzheitlicher Gesundheit
Die TCM versteht den Menschen als Einheit von Körper, Geist und Umwelt. Gesundheit wird als harmonisches Gleichgewicht zwischen Yin und Yang sowie als ungehinderter Fluss des Qi (Lebensenergie) verstanden. Krankheiten entstehen aus Sicht der TCM, wenn dieses Gleichgewicht gestört ist oder das Qi stagniert.
Bewegung ist ein wesentliches Mittel, um das Qi in Bewegung zu halten. Sie unterstützt die Funktion der Organe (Zang-Fu), fördert die Blutzirkulation und wirkt ausgleichend auf Emotionen. Anders als in der westlichen Medizin liegt der Fokus in der TCM jedoch nicht auf Leistung oder Muskelaufbau, sondern auf der Harmonisierung und Pflege des Körpers.
Das richtige Maß: Weder Überlastung noch Trägheit
Die TCM betont immer wieder das Prinzip des Maßhaltens – das gilt auch für Bewegung. Während zu wenig körperliche Aktivität das Qi stagnieren lässt, kann übermäßiger oder falscher Sport das Qi schwächen und zu Erschöpfung führen. Besonders die Nieren-Energie (Shen), die in der TCM als Wurzel der Lebensenergie gilt, leidet unter ständiger Überanstrengung.
Ein typischer Fehler aus Sicht der TCM ist es, bei Müdigkeit gegen den Körper „anzutrainieren“, statt ihm Ruhe und Erholung zu gönnen. Statt ständiger Selbstoptimierung steht in der TCM eine achtsame, aufmerksame Bewegungspraxis im Vordergrund.
In meiner ON Demand Masterclass MOVE NOW erfährst Du, wie Du Deinen Sport so gestalten kannst, dass er Deine Energie stärkt, Dein Wohlbefinden fördert und dabei Deine individuellen Bedürfnisse berücksichtigt.
Sportarten im Einklang mit der TCM
Nicht jede Form der Bewegung ist aus Sicht der TCM gleich gut geeignet. Entscheidend ist, dass der Körper in einem natürlichen Rhythmus bewegt wird und der Atem fließt. Besonders empfohlen werden:
1.Qigong
Qigong ist ein jahrtausendealtes Übungssystem aus der TCM, das Atemtechnik, Bewegung und Meditation verbindet. Die langsamen, fließenden Bewegungen aktivieren das Qi, stärken die Organe und bringen Körper und Geist in Balance. Qigong kann sowohl vorbeugend als auch therapeutisch eingesetzt werden und eignet sich für Menschen jeden Alters.
Lass dich in Folge 44 unseres Podcasts „Die TCM-Docs“ inspirieren, um mehr über Qigong als sanfte Methode zur Stressbewältigung erfahren.
2. Taiji
Auch Taiji gehört zur Familie der inneren Kampfkünste und ist tief in der TCM verwurzelt. Die Bewegungsabfolgen werden langsam, konzentriert und mit bewusster Atmung durchgeführt. Taiji fördert ähnlich wie das Yoga Gleichgewicht, Körperhaltung, geistige Klarheit und innere Ruhe.

3. Gehen und Wandern
Regelmäßiges, achtsames Gehen – besonders in der Natur – ist eine ideale Methode, das Qi zu regulieren. Besonders bei schwachem Milz-Qi (z. B. bei Müdigkeit, Antriebslosigkeit oder Verdauungsproblemen) wirkt Gehen kräftigend, ohne zu belasten.
4. Schwimmen, Radfahren & sanftes Yoga
Auch westliche Bewegungsformen können aus Sicht der TCM gesundheitsförderlich sein – vorausgesetzt, sie werden maßvoll und achtsam ausgeübt. Yoga kann beispielsweise das Yin nähren, während Radfahren bei Wind-Hitze-Zuständen abkühlend wirkt. Schwimmen wirkt aus Sicht der TCM erfrischend und kühlend und ist daher besonders für Menschen mit innerer Hitze oder Yang-Überschuss geeignet. Allerdings solltest Du darauf achten, Dich nach dem Schwimmen gut abzutrocknen und warmzuhalten, da äußere Kälte und Feuchtigkeit leicht in den Körper eindringen und das Wei-Qi (Abwehrenergie) schwächen können.
Bewegung und die Organuhr der TCM
Die Organuhr ist ein zentrales Konzept der TCM. Sie teilt den Tag in insgesamt 12 Zwei-Stunden-Abschnitte, in denen jeweils ein Organ besonders aktiv ist. Für Deine Bewegung bedeutet das:
- 5–7 Uhr (Dickdarmzeit): Leichte Bewegung am Morgen wie Stretching oder Qigong aktiviert den Kreislauf und hilft beim Entgiften.
- 7–9 Uhr (Magenzeit): Ideale Zeit für ein kräftigendes Frühstück nach der Bewegung.
- 15–17 Uhr (Blasenzeit): Optimal für intensivere körperliche Aktivität – jetzt ist der Körper leistungsfähig.
- 21–23 Uhr (San Jiao): Zeit für Ruhe und Regeneration – jetzt besser keinen Sport mehr treiben.
Wer seinen Sport im Einklang mit der Organuhr plant, unterstützt die natürliche Rhythmik seines Körpers und fördert langfristige Gesundheit.

TCM-Tipps für sportliche Menschen
Auch wenn Du regelmäßig trainierst oder Sport auf Leistungsniveau betreibst, kann die TCM eine wertvolle Ergänzung sein:
- Achte auf deine Konstitution: Nicht jeder Körper verträgt intensives Training. Eine TCM-Typbestimmung (z. B. nach den fünf Elementen) kann helfen, den idealen Sporttyp für Dich zu finden.
- Nutze Akupressur oder Akupunktur: Diese Methoden können helfen, Muskelverspannungen zu lösen, das Qi nach dem Training wieder zu harmonisieren oder Verletzungen vorzubeugen.
- Regelmäßige TCM-Kräuteranwendungen: Bestimmte Kräuterrezepturen stärken die Muskulatur, fördern die Regeneration und unterstützen das Immunsystem.
- Warme Ernährung nach dem Training: Kaltgetränke oder Rohkost schwächen aus TCM-Sicht das Milz-Qi. Besser sind warme, leicht verdauliche Speisen nach dem Sport.
Häufige Beschwerden – und was die TCM empfiehlt
Muskelkater und Verspannungen:
Ein gestautes Qi oder „Wind-Kälte“ kann nach intensiven Belastungen die Muskeln blockieren. Äußerliche Anwendungen wie wärmende Kräuterpflaster, Gua Sha oder Schröpfen können Deine Energie wieder in Fluss zu bringen.
Erschöpfung nach dem Sport:
Hinweis auf ein geschwächtes Qi, oft Milz- oder Nieren-Qi. Hier helfen Dir Ruhe, warme Ernährung, Qi-stärkende Kräuter (z. B. Ginseng) und sanftes Qigong.
Knie- oder Rückenschmerzen:
In der TCM ein Hinweis auf Leber-Blut-Mangel oder eine Schwäche im unteren Rücken (Nieren-Energie). Akupunktur, passende Kräuter und moderate Bewegung bringen Dir hierbei Linderung.
Fazit: Bewegung als Schlüssel zur Balance
Sport ist auch in der TCM ein zentrales Element der Gesunderhaltung – aber anders als im westlichen Fitnessverständnis steht nicht die Leistung, sondern das Gleichgewicht im Vordergrund. Wer sich bewegt, ohne sich zu überfordern, stärkt nicht nur seine Muskulatur, sondern harmonisiert auch sein Qi, seine Emotionen und seine innere Mitte.
Ob durch Qigong, Taiji, Spazierengehen oder maßvollen Freizeitsport: Die richtige Bewegung zur richtigen Zeit – angepasst an den eigenen Typ – ist in der TCM der Schlüssel zu einem langen, gesunden Leben.
In der Podcastfolge 34 „TCM und Yoga“ bekommst Du einen Überblick, welche Formen des Yoga es gibt, in welchem Zusammenhang es mit Ayurveda steht und vielleicht stecken wir Dich sogar ein bisschen m it unserem Yoga-Fieber an.
0 Kommentare